Am 03.11.22 um 04:14 schrieb Karl Janssen über PhilWeb
überwiegend zu dem, was Zufall ist (Begriffssprache)
oder
überwiegend zu dem, was mit dem Wort Zufall gedacht wird bzw. werden
soll (Wortsprache)
(Ich kann mich nicht immer für diese andere Denkweise entschuldigen,
deswegen habe ich dieselbe Sache mit den zwei Zugangsweisen geschrieben,
nur denke ich, dass man die von mir so genannte und gedachte Wortsprache
in die Begriffssprache übersetzen kann, wobei ich mich schon wieder für
die dann erforderliche Übersetzungsarbeit entschuldigen muss, die ich
meist nicht mehr mache oder machen kann. Dies vorausgeschickt, dieses
andere Denken und/oder die andere Sprache kann meinetwegen als
Kuriosität oder als Privatsprache angesehen werden, für eine Sprache
bedarf es keiner Werbung, sie kann gelernt werden oder auch nicht.)
Was ist Zufall, was Vernunft? Die Fragen erneut zu
stellen, obgleich
sie im „Tank“ universell gespeicherten Wissens „Wikipedia“ (als eine
Art moderner „Akasha-Chronik“) umfassend d.h. aus verschiedensten
Blickwinkeln beantwortet resp. allgemeingültig erklärt sind, wirft die
grundsätzliche Frage auf, warum diese Begriffsdefinitionen nicht ein
für allemal in das kollektive Gedächtnis der Menschheit eingebrannt
und daher nicht immer wieder auf‘s Neue zu hinterfragen sind.
Einen Ansatzpunkt als Antwort auf diese Frage habe ich schon
geschrieben, andere sehr wichtige andere noch nicht. Der erste betrifft
die Vielzahl der möglichen Wörter einer Sprache, also einer
Umgangssprache, die ständige Neuschaffung von Wörtern, die als
Bereicherung der Sprache angesehen wird. Dies habe ich an der Kritik an
sprachlichen Wortpaaren kritisiert, die noch nicht als Phraseme in die
Sprache eingegangen sind. Aber auch die Person, die versucht, in ihrem
Umfeld ein bestimmtes Wortpaar zu nutzen, kann damit Verständliches
ausdrücken, obwohl ihre vorgeschlagenen Neologismen nicht in die Sprache
eintreten. Hier könnte ich lapidar sagen: Na ja, dann hat das Wort oder
Wunsch-Phrasem die Hürde bis in die Sprache geschafft, wobei andere es
geschafft haben. Zusätzlich könnte ich lapidar sagen: Der Zufall hat es
so gewollt. Damit wäre ich schon wieder bei dieser Sache. Der erste
Ansatzpunkt betrifft jedoch auch die andere Seite der Wörter, die
fixiert werden oder wurden, und nur noch genau verwendet werden, oft nur
in einem bestimmten Bereich, außerhalb dieses Bereichs bleiben sie
sozusagen Zufallswörter wie alle anderen hunderttausende Wörter der
Umgangssprache. Hier kann etwa an das Wort Arbeit in der Physik vs. im
Umgangswissen gedacht werden. Zu diesem Ansatzpunkt kommt noch die Sache
der Wichtigkeit der einzelnen Wörter, die in Korrelation zu ihrer
Häufigkeit in einem bestimmten Wissensbereich oder der Gesamtsprache
ist. Dieser Ansatzpunkt wird in der Linguistik bzw. Sprachwissenschaft
gut bearbeitet, obwohl auch dort Semantik in Ehren gehalten wird, und
diese bei dem ersten Ansatzpunkt noch beiseite gelassen werden kann.
Ein weiterer Ansatzpunkt betrifft das Lernen, einhergehend mit dem
Wichtigwerden des Gedachten zu den Wörtern für die Person, in der
Person, und dem Anderswerden dieses Gedachten mit der Lebenszeit bis hin
zum Unwichtigwerden. Hier ist nicht nur ein nebenläufiger
Wachstumsvorgang, sondern es liegt etwas vor, analog zur Sache "Bewegung
im Mikrobereich und Temperatur". Damit geht das Altern parallel mit dem
Lernen. Das kann als eine gewagte Meinung hingestellt werden, nur zeigt
vieles in diese Richtung. Extrem gesagt wäre Lernen und Altern
gleichzusetzen. Oder: Es gibt kein Lernen ohne Altern, es gibt kein
Altern ohne Lernen. Dagegen würden viele auf die Barrikaden gehen.
Andere würden diese Sätze belächeln. Ich habe keine Probleme mit ihnen.
Ein anderes Extrem hörte ich auch schon von Personen: "Ich bin halt eben
ein junger Mensch in der Haut eines alten Körpers. Deswegen gehe ich ja
zum Gerontologen, er riet mir zu einer Ergotherapie, so dass der
Alterungsprozess bei mir auf jeden Fall aufgeschoben wird. Zudem: Man
ist schließlich so alt wie man sich fühlt."
Der Ausdruck "das kollektive Gedächtnis der Menschheit" ist mir zu hoch,
er stößt bei mir nicht auf einen fruchtbaren Boden.
Womöglich verhält es sich dabei wie Augustinus‘ Frage
nach der Zeit,
wonach er sicher zu wissen glaubt, was diese sei und dennoch nicht
spontan zu beantworten weiß, wenn er danach gefragt wird.
Zeit ist alles andere als ein eineindeutig eng umschrieben
definierbarer Begriff und so verhält es sich auch mit dem Zufall und
auch mit Vernunft.
Einverstanden, in der Begriffssprache. Wenn eine Person sagt, sie hätte
keine Zeit, dann geht es ihr darum, in Ruhe gelassen zu werden, oder sie
sagt ganz einfach damit, dass sie jetzt nervös ist, oder irgend etwas
andere Analoges. Das Wort Zeit ist in dem Fall nur ein Teil des
Ausdrucks- und Transportmittel für die Mitteilung des Zustands der
Person, für das es keiner Definition von Zeit bedarf. Für die
physikalischen Formeln ist Zeit nur ein Buchstabe, gedacht werden soll
deren Existenz, ob als Vaihingerfiktion anzusehen oder nicht, weiß ich
jetzt nicht zu sagen. Weil ich nicht von Begriffen ausgehe, kann ich
auch nicht von "eng umschrieben definierbaren Begriffen" ausgehen.
.... als strittige Frage ..., ob es überhaupt „echten
Zufall“ geben
könnte.
Nun kann man, wie Ingo, den Nachweis eines echten Zufall mit einem
„algorithmischen Zufallsgenerator“ in Verbindung bringen, was bisher
jedoch (wie er anführt) gescheitert ist und Ingo die Begründung
gleich selbst formuliert: Echter Zufall kann nicht simuliert werden,
ihn liefert nur der „ideale Würfel“. Ich möchte behaupten, dass es
auch den idealen Würfel nicht wirklich, sondern diesen lediglich
angenähert, eben als rechnergestützte Simulation gibt.
Die Herstellung eines realen „idealen Würfels“ scheitert an den
Fertigungstoleranzen (selbst wenn diese mit heutiger Feinwerktechnik
mindestens im Nanobereich liegt). Selbst allerkleinste Maßabweichungen
zwischen den Würfelseiten würden ein wirklich zufälliges
Würfelergebnis unmöglich machen. So bleibt nur die Annäherung, die
jedoch dem hinreichend pragmatischen Anspruch zur Erzeugung von
Zufallszahlen entspricht, nur eben kein echter Zufall sein kann.
Ein programmtechnisch erzeugter und im Rechner ablaufender idealer
Würfel simuliert den n-maligen Wurf eines Würfels, woraus sich die
absoluten Häufigkeiten der jeweils erzielten Augenzahlen ergeben.
Diese Häufigkeitswerte werden jeweils durch die Wurfzahl n dividiert,
wodurch sich die mit dem Zufallsexperiment erzeugten relativen
Häufigkeiten ergeben. Je größer n wird, desto mehr stabilisieren sich
die relativen Häufigkeiten nach dem Gesetz der großen Zahlen. Damit
lässt sich bei extrem hoher Wurfzahl die relative Häufigkeit einer
bestimmten Augenzahl (unabhängig von dieser) etwa gleich 1/6 und somit
eine nahezu perfekte Annäherung an einen idealen Würfel simulieren,
der dennoch keinen echten Zufall erzeugen kann.
Bei allem bislang hier zum Zufall Geschriebenen fragt sich, warum
überhaupt nach echtem und scheinbaren Zufall unterschieden werden
soll, wenn doch lebenspraktisch und auf technologische Relevanz
bezogen, hinreichende Werkzeuge zur Erzeugung von Zufallszahlen
verfügbar sind. Selbst das alltägliche, scheinbare Empfinden von
Zufall, nämlich ein unerwartetes, individuell oder kollektiv
erfahrenes, koinzidentes Zufallen eines Geschehens bringt keine
Probleme mit sich, sofern man sich nicht an der Unwissenheit bezogen
auf dessen konstituierenden kausalen Ablauf von Einzelheiten stört.
Einzelheiten, die aufgrund ihres komplexen Beziehungsgeflechts nicht
gewusst sein können, da man eben nicht die Allwissenheit des
Laplaceschen Dämon hat.
Richtig ist "auf die Relevanz bezogen hinreichende ..." Daran dachte ich
immer wieder, als Ingo immer wieder eine Trennung zwischen "echtem" und
dem anderen Zufall zum Ausdruck brachte. Es gibt kein Problem, mit einem
Computerprogramm genügend zufällig auszuwählen. Man braucht nur die von
Programmiersprachen gegebene Zufalls-Saat zu nehmen, und die
Sekundenzahl des Moments zu nehmen, der die Stelle der Zufalls-Saat
bestimmt, und diese Zahl herauszugreifen. Hier werden zwei
Kausalvorgänge kombiniert, so wie beim durch den Wind gelockerten
Dachziegel, der gerade zu dem Moment auf das Kausalgeschehen des
vorbeigehenden Person trifft, hoffentlich nicht auf seinen Kopf. Dieses
Beispiel ergibt gerade eine der "Definitionen" von Zufall. Dass es eines
Anfangspunktes der Wahl bedarf, und eines Endpunktes, letzteren sah auch
Ingo als erforderlich an. Ingo jedoch ging jedoch so in etwa davon aus,
dass weil es kein Ende gibt, es auch keinen ... geben kann. Ja was?
Weder noch? Einen echten Zufall? Ist damit der echte Zufall ein
Phantasieprodukt, denn auch in unser Lebensendlichkeit gibt es ein Ende
und oft Enden. Und andererseits gehören Phantasieprodukte, wenn ich mich
gut erinnere in die Schwafelsprache.
Eine andere Definitionsmöglichkeit für Zufall ist diejenige, welche die
Abwesenheit von Kausalität nutzt. Auch das Denken hierzu müsste
berücksichtigt werden.
Begriffe, die jeweils für sich ergiebigste „Threads“
hier im Forum
sein könnten
im Umkehrschluss: Da wird zu viel auf einmal besprochen, so geht das nicht.
Zufall, zunächst unbenommen der Unterscheidung
zwischen echtem Zufall
und sogenannten Pseudozufall, spielt im Gesellschaftsleben eine
durchaus entscheidende Rolle. Sei es trivialerweise bei der Ziehung
von Lottozahlen oder in der Gerichtsbarkeit, wo etwa bei der Schuld-
bzw. Schadensfeststellung nach Vorsatz bzw. Lässlichkeit als
Ereignisursache und einem zufällig – im Sinne von unvorhersehbar -
eingetretenen Ereignis unterschieden wird.
Richtig.
Naturwissenschaftlich, gleichermaßen wie in der Philosophie ist die
Frage nach wie vor unbeantwortet, ob diese Lebenswelt im Innersten
kausal eindeutig vorherbestimmt oder zufällig strukturiert ist.
Auf diese Frage gibt es wohl kein ja oder nein, sie pauschal zu stellen
kann ein Irrtum sein. Denn wie kann eine Mischform von verschiedenen
Geschehnissen, von denen das eine zufällig ist, das andere verstanden
werden kann, und nur das dritte beschrieben werden kann. Hier unten bei
(1) hat Karl seine Antwort darauf schon geschrieben.
(nebenbei bemerkt: Ich nutze das Wort "verstehen" hier so, dass das
Verstehen eine Vorstufe des eventuell möglichen Erklärens ist. Die beim
Verstehen entstehende Haltung führt nicht zur Nutzung von Wissen, im
Extremfall kann eine Straftat verstanden werden, muss aber nicht kopiert
werden. Beim Verstehen einer Krankheit und anderem analog.)
...
(1):
Das Verhältnis von Einzelheit zur Gesamtheit ist durch
das
Zusammenwirken von Zufall und Notwendigkeit bestimmt. Ein durch
Interaktion mit seiner Umgebung zerfallendes Quantensystem
(Dekohärenz) fällt in eine bevorzugte (eben als die wahrscheinlichste)
Basis einer klassisch physischen Realität (Umwelt) mit vorhersagbaren
Zuständen.
Also einmal Plus und einmal minus ergibt ein Minus? Ein Kausalgeschehen
und ein Zufallsgeschehen ergibt insgesamt ein Zufallsgeschehen? Also
brauchen wir die Vernunft (hier ungenau benutztes Wort) schon gar nicht.
Dann ist alles ein Zufallsgeschehen. Die Sätze vorhin gehen aber voll
neben dem Satz (1) (ignoratio elenchi im modernen Verständnis), das ist
mir bewusst, nur stelle ich diese neue Frage einfach mal so hin, weil
sie mir hier entstanden ist, nicht nur als Scherz, wie Ingo fragen würde.
... (von mir wegen eigener Unfähigkeit Unkommentiertes von Karl)
JH